<168> Worms und Frankenthal. Er hätte leicht einsehen können, daß der Prinz von Lothringen entschlossen war, ins Elsaß einzudringen, und daß er sich aller Kriegslisten bedienen würde, um Coigny möglichst weit von dort zu entfernen. Zudem hätte der Marschall wissen müssen, daß dem Prinzen die Brücke bei Mainz offenstand, wogegen die französische Armee nichts ausrichten konnte.

Coignys Verteidigungsplan scheint in allen Stücken fehlerhaft gewesen zu sein. Sein Heer war in einzelne Korps zersplittert, und auch die hatten nicht einmal die richtigen Stellungen inne, von wo aus sie dem Feinde den Rheinübergang hätten streitig machen können. Nach Ansicht der Kenner mußte er sowohl die kaiserlichen wie die französischen Truppen zusammenziehen und sich zwischen der Queich und dem Speyerbach lagern, die Rheinufer von Fort Louis bis nach Philippsburg mit kleinen Detachements besetzen und durch seine Kavallerie rechtzeitig auskundschaften lassen, an welchem Orte der Feind Vorkehrungen zum Übergang träfe. Er mußte seine Truppen marschbereit halten und das erste österreichische Korps, das den Rhein überschritt, unverzüglich mit seiner ganzen Macht angreifen. Wäre Prinz Karl bei Mainz über den Rhein gegangen, so stand es Coigny noch immer frei, die Stellung an der Queich oder am Speyerbach einzunehmen, gegen die der Prinz keinen Angriff gewagt hätte und durch die außerdem sowohl das Unterelsaß wie Lothringen gedeckt gewesen wären. Aber der Marschall, dessen Heer schwächer war als das feindliche, und dem durch Verhaltungsbefehle die Hände gebunden waren, traf ganz andre Maßregeln.

Sobald der Prinz von Lothringen und Feldmarschall Traun von den falschen Schritten der Franzosen erfuhren, sandten sie Nadasdy mit allen Kähnen, die sie in der Stille zusammengebracht hatten, von ihrem linken Flügel ab, um bei dem Dorfe Schreck eine Brücke über den Fluß zu schlagen. Nadasdy ließ sogleich 2 000 Panduren unter dem Freischarenführer Trenck in Nachen über den Rhein setzen. Sie überrumpelten und schlugen ein Detachement von drei kaiserlichen Regimentern, das sich in unverzeihlicher Sorglosigkeit nicht im mindesten vor einem Überfall gesichert hatte. Nadasdy selbst war schon (am 1. Juli) mit 9 000 Husaren über den Rhein gegangen, während hinter ihm in aller Ruhe der Brückenbau vollendet wurde. Auf die Kunde von diesem Übergang vereinigte Seckendorff mit 20 000 Mann sich mit einem französischen Korps, das der junge Coigny befehligte, und eilte den drei erwähnten kaiserlichen Regimentern zu Hilfe, noch ehe der Fürst von Waldeck sein Lager bei Rettigheim abgebrochen hatte, um zu Nadasdy zu stoßen. Alle Offiziere beschworen Seckendorff, Nadasdy anzugreifen. Er hätte ihn leicht in den Rhein werfen und durch diesen einzigen Schlag alle Pläne des Prinzen von Lothringen vereiteln können. Aber Seckendorff war nicht dazu zu bewegen. Er ließ sich an einem leichten Scharmützel mit den Ungarn genügen, und als er erfuhr, daß Marschall Coigny sich auf Landau zurückgezogen habe, marschierte er über Germersheim, um sich schleunigst mit ihm zu vereinigen.